Magnesiumhilfe: Poster, Oktober 2002

Poster zur 21. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente, 18.-19. Oktober 2002, Jena, Deutschland

Zum individuellen Bedarf an essentiellen Stoffen am Beispiel des Magnesiums

D.-H. Liebscher (Berlin), D.-E. Liebscher (Potsdam)

Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V.
Karl-Marx-Allee 3, 10178 Berlin
http://www.magnesiumhilfe.de/

Poster, Oktober 2002

Für das Magnesium wie auch für andere essentielle Stoffe gilt, dass sie Mittel der ersten Wahl sind: Essentielle Stoffe sind nachgewiesenermaßen wirksam, d.h. erfüllen, was man von EBM-Arzneimitteln erwartet, von vornherein. Darüberhinaus verfügt der Körper bezüglich dieser Stoffe über Regulationsmechanismen, die Überdosierung auf oralem Weg in der Regel verhindern und dadurch Nebenwirkungen regelmäßig unterdrücken.

Die Forderung nach EBM (evidence-based medicine) und nach klinischen Studien mit höchstem Standard drängt die essentiellen Stoffe in unverantwortlicher Weise ins Abseits. Niemand kann erwarten, dass neue Investitionen für Wirkstoffe getätigt werden, die wie z.B. die essentiellen Stoffe nicht patentierbar sind. Allerdings ist die Wirksamkeit der essentiellen Stoffe - wie das Attribut sagt - bereits bewiesen. Es ist folglich widersinnig, essentielle Stoffe und speziell orale Magnesiumpräparate aus der Erstattungsfähigkeit zu nehmen und von der Positivliste zu streichen.

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Essentieller Mineralstoff

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Weil Magnesium als essentieller Mineralstoff spätestens bekannt ist seit den Experimenten zum akuten Magnesiummangel an der Ratte (Kruse et al. 1932), d.h. seit über 70 Jahren, darf man nicht zulassen, dass es in der Diagnose vergessen wird (Elin 1994, Khalil 1999): Magnesiummangel ist entgegen landläufiger Meinung (Arzneimittelkommission 2000) häufig, wie von Ehrlich (1997) nachgewiesen hat (mehr als 10\% seines Patientenguts).

In der Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V. sind u.a. Patienten organisiert, die bereits jahrelang - und auch lebenslang - Magnesium in hohen oralen Dosen (600-1200 mg Magnesium/Tag) zu sich nehmen müssen, um ihre klinischen Beschwerden zu beherrschen (Fehlinger 1991a, 1991b, Liebscher und Liebscher 2000). Diese Tatsache ist noch kein allgemeines medizinisches Wissen und erst recht nicht Wissen in der Bevölkerung. (Schwabe 2001).

Individueller Bedarf

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Es herrscht die Meinung vor, dass eine tägliche Aufnahme von 300-400 mg Magnesium pro Tag den durchschnittlichen Bedarf deckt, sofern ein Mangel nicht festgestellt wurde. Wir stimmen zu, wenn man darunter versteht, dass ein Mangel nicht existiert. Mangel existiert aber auch, ohne dass er festgestellt wird:

  • Wer stellt aber einen Mangel fest, wenn das objektive Kriterium nicht bestimmt wird und ein Arzt die Symptomatik nicht entsprechend diagnostiziert?
  • Welchem Laien kann man zumuten, die klinische, durchaus komplexe Symptomatik eines Magnesiummangels selbst zu diagnostizieren (Schmidt 1997)?
  • Was soll man erwarten, wenn sogar diagnostizierte Magnesiummangelpatienten immer Gefahr laufen, dass ihnen der Mangel ausgeredet wird?

Der individuelle Bedarf muss berücksichtigt werden, weil er nachgewiesenermaßen stark schwankt und besonders bei Mangelpatienten erhöht ist. Die Genetik des Magnesiummangels muss beachtet werden (Weber und Konrad 2002).

Aus unseren Beobachtungen und Erfahrungen zeigen sich vier Gruppen eines gegen die üblichen Empfehlungen erhöhten Bedarfs:

Gruppe A
0,1% der Bevölkerung benötigen sehr hohe zusätzliche Mengen (z.B. 900-1200 mg/Tag),
Gruppe B
1% der Bevölkerung benötigt hohe zusätzliche Mengen (z.B. 600-900 mg/Tag),
Gruppe C
10% der Bevölkerung benötigen eine zusätzliche Menge (z.B. 300-600 mg/Tag),
Gruppe D
50% der Bevölkerung können ihre Leistungsfähigkeit mit einer zusätzlichen Menge von 300 mg/Tag steigern.

Der individuelle Bedarf erhöht sich außerdem regelmäßig unter Stressbedingungen.

Abbildung: Individueller Bedarf

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Individueller Bedarf

Mittel erster Wahl

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Die herkömmlichen Magnesium-Indikationen reduzieren auf Magnesiummangel als Ursache für Störungen der Muskeltätigkeit (neuromuskuläre Störungen, Wadenkrämpfe). Damit wird verschleiert, dass neuromuskuläre Störungen auch so explizite Leiden wie wiederkehrende Kopfschmerzen oder Migräne, Spasmen der Gefäße, chronische Schmerzen, depressive Phasen, Streßsymptomatik, innere Unruhe, Schlaflosigkeit und Lärmempfindlichkeit umfassen. Zusätzlich orientiert die Dosierungsanleitung nur auf niedrige Mengen, die ausschließlich für Gesunde gelten.

Es reicht nicht, dass die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft Magnesium (2 x 300 mg/Tag) als Mittel der zweiter Wahl zur Prophylaxe und Therapie der Migräne bezeichnet und manchmal erklärt, dass bereits Magnesium allein erstaunlich oft hilft (DMKG 2002; Haag 2001). Für das Magnesium wie auch für andere essentielle Stoffe gilt, dass sie Mittel der ersten Wahl sind: Essentielle Stoffe sind nachgewiesenermaßen wirksam, d.h. erfüllen, was man von EBM-Arzneimitteln erwartet, von vornherein. Darüberhinaus verfügt der Körper bezüglich dieser Stoffe über Regulationsmechanismen, die Überdosierung auf oralem Weg in der Regel verhindern (Großklaus 2000) und dadurch Nebenwirkungen regelmäßig unterdrücken. Beides - Wirksamkeit und Unbedenklichkeit - muss bei köperfremden Arzneimitteln erst aufwendig nachgewiesen werden. Deshalb können körperfremde Stoffe - sofern alternativ essentielle Stoffe zur Verfügung stehen - bestenfalls Mittel zweiter Wahl sein.

Speziell Magnesium ist für Magnesiummangelpatienten bzw. -personen das Mittel der 1. Wahl - kausal wirksam und so gut wie ohne Nebenwirkungen.

Der Eisatz sofort symptomatisch wirksamer Mittel ist eine Irreführunhg, wenn vorher nicht eine ursächlich mögliche Unterversorgung bzw. einen Mangel an essentiellen Stoffen ausgeschlossen wird.

Die Forderung nach EBM (evidence-based medicine) und nach klinischen Studien mit höchstem Standard drängt die essentiellen Stoffe in unverantwortlicher Weise ins Abseits. Niemand kann erwarten, dass neue Investitionen für Wirkstoffe getätigt werden, die wie z.B. die essentiellen Stoffe nicht patentierbar sind. Allerdings ist die Wirksamkeit der essentiellen Stoffe - wie das Attribut sagt - bereits bewiesen. Es ist folglich widersinnig, essentielle Stoffe und speziell orale Magnesiumpräparate aus der Erstattungsfähigkeit zu nehmen und von der Positivliste zu streichen.

Literatur

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  1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Hrsg.) (2000): Magnesiummangel, Hypomagnesiämie. Arzneimittelverordnungen, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 19. Auflage, 629
  2. Borgetto, B. (2002): Selbsthilfe im Gesundheitswesen. Stand der Forschung und Forschungsbedarf 45, 26-32
  3. Classen, H.G. et al. (1986): Magnesium: Indikationen zur Diagnostik und Therapie in der Humanmedizin. Magnes. Bulletin. 8, 127-135
  4. Diener, H.C. (1999): Sind Prävention und Therapie messbar? Med. Monatsschr. Pharm. 22, 257-258
  5. DMKG (Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft) (2002), zitiert in Ärztezeitung v. 17.07.2002
  6. Dörner, K. (2000): Magnesium (Mg). In: L. Thomas (Hrsg.): Labor und Diagnose, TH-Books Verlagsges. mbH, Frankfurt/Main, 5. erweiterte Auflage, 348-350
  7. Durlach, J. (1992): Magnesium in der klinischen Praxis, Fischer-Verlag, Jena und Stuttgart
  8. Eaton, S. B. et al. (1996): An evolutionary perspective enhances understanding of human nutritional requirements. J. nutrition 126, 1732-1740
  9. Elin, R.J. (1994): Magnesium: the fifth but forgotten electrolyte. Am. J. Clin. Path. 102, 616-622
  10. Fehlinger, R. (1991a): Zur Familiarität des tetanischen Syndroms. Magnes. Bulletin 13, 53-57
  11. Fehlinger, R. (1991b): Das tetanische Syndrom. Verla-Pharm, Tutzing
  12. Haag, G. (2001): Apotheken-Umschau v. 16.07.2001
  13. Khalil, S.I. (1999): Magnesium the forgotten cation. Int. J. Cardiol. 68, 133-135
  14. Kingston, M.E. et. al. (1986): Clinical manifestations of hypomagnesemia. Crit. Care Med. 14, 950-954
  15. Kruse, H.D. et al. (1932): Studies on magnesium deficiency in animals. I. Symptomatology resulting from magnesium deprivation. J. Biol. Chem. 96, 519-539
  16. Liebscher, D.-H., D.-E. Liebscher (2000): Magnesiummangel-Tetanie - die übersehene Krankheit. In: 20. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente, Jena, 661-667
  17. Schmidt, J. (1997): Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Möglichkeiten der Selbstmedikation. Apotheken-Journal 19, 34-40
  18. Schwabe, U. (2001): Einsparpotentiale. In: Schwabe, U., D. Paffrath (Hrsg.): Arzneiverordnungsreport 2001, Springer, Berlin, 729-769
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09. 09. 2006